Intercon Spacetec

Testberichte Miyauchi

Beobachtung mit dem Miyauchi 20x100-45°

Winter-Starhopping mit dem Miyauchi 20x100-45°


Beobachtung mit dem Miyauchi 20x100-45°

Prof. Dr. R. Claus, Olching 

Miyauchi 20x100-90° APO (für größeres Bild anklicken, 16 KB)

Es hatte mich diese Frage schon ein paar Jahre lang beschäftigt: Soll ich mir einen Miyauchi 20x100 zulegen, oder einen allseits bekannten, perfekten, kurzbrennweitigen Apo-Refraktor gleicher Öffnung, Brennweite, Gewichtsklasse, und in derselben Preislage? Immerhin hat letzterer ein größeres maximales Gesichtsfeld, ermöglicht Planetenoberflächen-Beobachtungen und eignet sich ausgezeichnet auch für die Astrofotografie. Daß der Miyauchi im wesentlichen auf eine Vergrößerung festgelegt ist, daran ändert auch der neuerdings mögliche Wechsel von 20x auf 37x grundsätzlich kaum etwas, denn die Dinge, für die man Vergrößerungen über 100x benötigt, sind eben nicht erreichbar. Also eigentlich keine Frage, oder? - Doch: denn beim Miyauchi bekommt man zwei 100/500 -Refraktoren, einen für jedes Auge! Das bedeutet erfahrungsgemäß eine effektive Öffnung von ca. 6" (manche Leute behaupten sogar noch mehr), und man benötigt keine parallaktische Aufhängung und Nachführung.

Ich will es deutlich sagen: Wäre ich ein junger, ehrgeiziger Einsteiger, der den Himmel erst erobern möchte, dann hätte ich nie einen solchen 20x100 Feldstecher gekauft. Nun aber liegen die Dinge anders, ich kann es mir leisten, sie mit etwas mehr Distanz (im wahrsten Sinne des Wortes) anzusehen. Vehrenbergs "Schönste Himmelsobjekte" dürfte ich fast alle im Original kennen, und zwar zumindest so, wie in seinen Aufnahmen, und Trümmer von über 10kg mag meine rechte Schulter nicht mehr besonders. Ich möchte etwas Kompaktes haben, das in einem Pilotenkoffer-Handgepäck Platz hat, wo die Montierung dazu auch mal im Restgepäck verschwindet, und ich will eine Lichtstärke von deutlich mehr als 10 cm Öffnung! All das und einen bequemen, binokularen 45°- (oder 90°-) Einblick bietet der Miyauchi. Also fiel letztendlich die Entscheidung doch zu seinen Gunsten aus, und der erste Testabend verlief so:

Aufbau des Geräts inklusive Campingsessel: weniger als 2 Minuten. Die Parkplatzsuche dauerte länger! Um die Wagenfigur in UMa herum stehen, ganz unproblematisch in kürzester Zeit nacheinander beobachtbar, sieben bekannte Galaxien aus dem Messierkatalog. M108 glimmt zwischen den beiden Sternchen links vor dem hellen "vorderen Rad", Uma-g. Aber nein, g muß nicht etwa außerhalb des Gesichtsfeldes bleiben, das Feld sieht auch so locker aus, wie auf Karte 47 von Uranometria I, nur eben mit sehr viel mehr Sternen. 12mag ist nicht die Grenze, Sterne von 12mag sind da: Schaut man etwas indirekt M81 an, so leuchten entsprechende Bekannte vor dieser ovalen Galaxis spontan auf! Eulennebel und M109 stehen gleichzeitig im Gesichtsfeld genauso wie im Atlas, und zwar da, wo ich sie mit kleineren Feldstechern schon oft mühsam gesucht, und mir schließlich eingeredet habe.

Es ist eine typische, brauchbare Juninacht am westlichen Stadtrand von München. Der strahlende Lichtdom des Stadtzentrums rechts läßt nur die Hauptsterne vom Schwan erkennen, das Milchstraßenband ist nicht vorhanden. Was macht der Ringnebel in der Leier unter diesen Bedingungen? Er leuchtet ganz ohne Filter als helles, rundes Scheibchen zwischen vielen punktförmigen Sternen! Leuchtet, nicht glimmt!

Im Osten steht der Adler über der Stadtglocke. Also Aufwärtsschwenk von da in Richtung Verlängerung der 3 Hauptsterne bis zum so praktisch am Himmel angebrachten "Wegweiser" C.399, ihm folgen, aber immer rechts halten - jawohl, da ist er! M27 wird "Hantelnebel" genannt, und der Miyauchi zeigt tatsächlich auch warum - und zwar bei diesem Mieshimmel und ohne jedes Deep-Sky- oder UHC-Filter! M11 könnte schon knapp über dem Horizont sein, aber sozusagen nur knapp über dem Marienplatz. Von der sichelförmigen Sternformation, an deren Ende man M11 sonst findet, ist natürlich nichts zu sehen, nur die 3 Hauptsterne vom Adler eben. Also fahre ich die Suppe im "heißen" Gebiet einfach einmal blind ab. Plötzlich wischt eine Kette blendend heller Sterne durch das Gesichtsfeld. Donnerwetter, das ist die Sichel, und rechts am Ende steht auch M11: Ein (9mag) heller Stern umgeben von einem mächigen Nebelchen. Und dann stütze ich die Hände ab, und schaue einige Sekunden genauer hin: Nein, da pieksen Dutzende von winzigen, einzelnen, nadelfeinen Sternchen ganz dicht gedrängt am Horizont voll durch die Lichtglocke von Zentral-München hindurch. Von 11. Größenordnung und schwächer sind sie laut "Burnhams". Mir wird klar, was dieser Feldstecher auf der Zugspitze oder dem Wendelstein leisten wird, wo ich ihn + Stativ ohne einen Umzug zu veranstalten, allein und unauffällig mit hinnehmen kann!

Nachdem Uma so schön hoch steht, krebst die Cassiopeia notgedrungen am Nordhorizont herum. Die Hauptsterne sieht man, sonst nichts. Ich ziele blind in Richtung h & c -Persei, nur mal so auf den gleichmäßig hellgrauen Himmel am Horizont. Im Okular wischen Sterngruppen hin und her, und nach ein paar weiteren, kleinen Suchschwenkern habe ich den Volltreffer: Zwei volle Haufen strahlend heller Sterne, alle mit unterschiedlichen Farben(!), lassen das ganze Gesichtsfeld aufleuchten. Die Kontrastleistung des Geräts ist beeindruckend, denn mit bloßem Auge sieht man in der Gegend rein garnichts. Das Ding ist einfach ein Genuß! Einfach nur so!

Ein letzter Gedanke schießt mir durch den Kopf: Was machen Doppelsterne? - Also hoch zum Zenit! Neben der blendend hellen Hauptkomponente von Mizar steht deutlich getrennt die 1,5mag schwächere Komponente als sauberes Pünktchen ohne Strahlen oder Deformationen (in 14,4" Abstand) und auch b im Skorpion, weit hinter mir im Süden, erscheint bei 13,7" Abstand klar getrennt als Doublett mit einem ähnlich schwarzdunklen Zwischenraum. 10" Abstand dürfte auch bei den hellsten Sternen keine Schwierigkeiten bereiten, und bei schwächeren ist natürlich mehr drin, aber das sind die spannenden Sachen für die Zukunft! Ich bin auch sehr neugierig auf die südlichen Gasnebel in den Ferien, auf künftige, in SuW angesagte, kleinere Kometen als Hale-Bopp, und auf das Oriontrapez im Winter, denn dieses Glas nehme ich bestimmt auch bei Kälte eben mal kurz für 10 Minuten heraus, wenn sich sonst kein größerer Aufbau "lohnt"!

Zwei Dinge sollte ich vielleicht noch erwähnen. Ich habe die einfachste Version des Miyauchi 20x100 erworben, also keinen Apo, und gezahlt habe ich bevor mir die Idee kam, dies aufzuschreiben. - Ja, und doch noch etwas: Ich habe nicht dieses mulmige Gefühl im Magen. Sie kennen es, wenn man einen Haufen Geld herausgeworfen hat: War das jetzt nötig? Bringt’s das auch? Hätte man nicht doch lieber..? Nichts dergleichen! Das Geld ist vergessen und ich weiß sicher, daß ich das meistgenutzte Instrument für meine nächsten (hoffentlich noch) 20 Jahre gekauft habe!


Winter-Starhopping mit dem Miyauchi 20x100-45°

Stefan Karge, Volkssternwarte Frankfurt

(Normaler Achromat 100 iB) " ... nun aber zum praktischen Einsatz. Bereits während des ITV ’95 am Vogelsberg hatte ich Gelegenheit, mit diesem Gerät kurz zu beobachten. Schon zu diesem Zeitpunkt war klar: ein echtes Sahneteilchen! Ein kurzer optischer Spaziergang durch die sommerliche Milchstraße, von der Scutum-Wolke mit M 11, über den sehr markanten Hantelnebel M 27 und den Ringnebel in der Leier, weiter zum Schwan als überdimensionaler Sternhaufen mit dem Nordamerike-Nebel, bis zum Andromeda-Nebel, blieb mir bis heute in sehr lebendiger Erinnerung. Natürlich ahnte ich damals noch nicht, daß dem Verein heute glücklicherweise dieses Gerät zur ständigen Verfügung steht.

Mit großen Erwartungen ging es dann also endlich hinaus in den Taunus zum ersten Test am Sternenhimmel. Zunächst einmal die hellen Paradeobjekte checken für einen ersten Eindruck. Also gleich Richtung Orion und den großen Orionnebel (M42/43) ins Visier genommen und ... whow!! Dank des großen Gesichtsfeldes stand das gesamte Schwertgehänge unterhalb der Gürtelsterne im Blickfeld - und M 42 in seiner vollen Pracht. Selten zuvor habe ich den Orionnebel in seinen gesamten Ausmaßen so schön gesehen! Auch der Reflexionsnebel NGC1973 nördlich von M 42 war deutlich auszumachen. Wenn dieser Nebel schon so gut zu sehen war, was wäre dann wohl von dem Gasnebel NGC2024 östlich des Gürtelsterns Alnitak zu erkennen? Was soll ich sagen - er war tatsächlich zu sehen! Das Dunkelband in der Mitte des Nebels war schön markant, trotz des hellen Lichtscheins von Alnitak. Dabei hat der Nebel nur eine Flächenhelligkeit (5’) von 11 m. Ich war doch etwas überrascht von der großen Lichtstärke und der sauberen Abbildung. Also weiter zum nächsten Highlight: Andromeda-Nebel. Auch hier, wie beim Orion-Nebel, kann das Gerät seine vollen Stärken ausspielen. Da stand sie nun, unsere große Nachbargalaxie: die beiden äußeren Spiralarme durch die Dunkelwolken getrennt, die helle Sternwolke NGC206 deutlich erkennbar und die beiden Satellitengalaxien M32 und NGC205 wie zwei Wattebäusche rechts und links. Trotz des großen Gesichtsfeldes von 2,5° waren die äußeren Bereiche der Galaxie abgeschnitten! Sie ist tatsächlich überraschend groß mit 3,5° Ausdehnung am Himmel. Mein erster Eindruck: Aber hallo...!

Was kann denn das Gerät wohl noch so alles - wo sind seine Grenzen? Es mußten also Objekte her, die wirklich schwach leuchten, also jenseits der 10. Größenklasse. Wir waren eben beim Andromeda-Nebel - was liegt also näher, als sich die beiden anderen Satellitengalaxien von M 31 mal vorzuknöpfen: NGC147 und NGC185 in der Cassiopeia. Gesagt - getan. Allein schon das Aufsuchen macht Spaß. Im Zielgebiet angekommen dann die Überraschung: Tatsächlich war die hellere der beiden Satelliten, NGC 185, als gerade so erkennbares Fleckchen auszumachen. Zur Erinnerung: NGC185 hat eine Flächenhelligkeit von 11,8 Größenklassen! NGC147 hat eine Helligkeit jenseits der 12. Größenklasse und liegt damit außerhalb der Reichweite dieses Gerätes. Ein weiteres lohnendes Objekt für das Miyauchi ist die SC-Galaxie M33. Dieses scheinbar so helle Objekt, das sich aber regelmäßig dann vom Sternhimmel zu verabschieden scheint, wenn man/frau es "mal eben" noch zeigen möchte, ist mit dem Miyauchi einfach nicht zu übersehen. Bei einer Grenzhelligkeit des Himmels im Taunus von durchschnittlich 4m5 - 5m5 sind die beiden großen Spiralarme von M33 nicht zu beobachten, wohl aber läßt sich bei genauerem Hinsehen die große HII-Region NGC604 am Ende des nördlichen Spiralarms ausmachen. Nun gibt es aber nicht nur Gasnebel und Galaxien, sondern auch eine große Menge offener Sternhaufen, denn die Wintermilchstraße läuft ja gerade durch den Zenit. Der optische Eindruck ist vergleichbar mit dem Anblick von helleren Kugelsternhaufen durch ein 6’’- 10’’-Teleskop: ein deutlich konzentrierter runder Nebelfleck, wobei sich je nach Objekt die hellsten Sterne auflösen lassen. Schöne Beispiele sind das Trio M36, M37 und M38 im Fuhrmann sowie M35 in den Zwillingen. Der "kleine Bruder" von M35, der Offene Sternhaufen NGC2158, erscheint z.B. als winziges konzentriertes Nebelfleckchen. Ausgedehnte offene Sternhaufen mit entsprechend schwächeren Sternen (>10m) wie M52, NGC7789 (Cas) oder NGC2360 (Cma) dagegen lassen sich wegen der geringen Vergrößerung des Gerätes nicht mehr auflösen. Sie heben sich aber wunderschön als kleine Nebelflecken von der großen Zahl der Milchstraßensterne ab. Und bei den ausgehnten Offenen Sternhaufen wie etwa h + c, den Plejaden, M44, NGC752 oder der OB3-Assoziation im Perseus lacht das Herz eines jeden Sternguckers.

Wer jetzt noch nicht wehmütig an die letzte gute Beobachtungsnacht zurückdenkt, dem möchte ich zum Abschluß noch einige Beobachtungsergebnisse mit dem Miyauchi berichten, die für mich selbst sehr unerwartet und überraschend waren. Also haltet euch fest:

Fazit: das Miyauchi 20 x 100 ist einfach nur Klasse und eine echte Bereicherung für jeden Sternenfreund. Ein Fernglas dieser Größenordnung hat natürlich seinen Preis, aber die zu gewinnenden Eindrücke und Ansichten sind einmalig. Durch die guten optischen Eigenschaften und die leichte Handhabung macht das Beobachten mit diesem Gerät einfach nur Spaß, und das ist doch immer noch das Wichtigste!"


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